Connys Sammlung
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Wie mans Singen verlernt
Die kleine Pilgerin
Angeschrieben
Vorfreude

Die kleine Pilgerin

Ein Sommerabend, schwül und warm
der Stadt enteilt ein Menschenschwarm.
Und strömt nach der Geschäfte Schluss
auf Dampfer, Rad und Omnibus
hinaus zur frischen Abendluft
in Vorstadtgrün und Waldesduft.
Am meisten wird zur Fahrt begehrt
die Bahn, die jetzt elektrisch fährt.
 

Ein Wagen hält und flink hinein
steigt auch ein Mädchen jung und klein.
Das kleine Ding, 6 Jahre kaum
besetzt den letzten freien Raum
und legt auf ihren freien Schoß
ein Reisebündel ziemlich groß.
Die Schultern schützt ein Umschlagtuch
wie man´s vor vielen Jahren trug.
 

Sie ist allein, doch gar nicht bang
fragt sie den Schaffner lang und schlang
der wohl 1 Meter 80 misst
und doch dabei recht freundlich ist.
„Darf ich hier bleiben Onkel Du?“
Der Schaffner nickt und lacht dazu,
dann zieht er kurz die Glocke an
und vorwärts saust die Straßenbahn.
 

Der Schaffner geht die Bahn entlang.
Man hört der Nickelmünzen klang
wie er das Fahrgeld einkassiert.
Er geht recht schnell, man zahlt geschwind.
Der Schaffner fragt: „Dein Geld mein Kind?“
Die Kleine blickt verwundert auf
wehrt heftig ab und sagt darauf:
„Ich hab kein Geld und brauche keins
denn Jesus zahlt für unsereins.“
 

Im Wagen sieht sich alles stumm
zur lauten Sprecherin dort um
die ohne Scheu und kindlich frei
bekennt , wer Jesus Christus sei.
 

So macht der Herr durch Kindermund
sein Lob auf Erden oftmals kund.
Die Kleine plaudert fort: Ich bin ne kleine Pilgerin.
Die Mutter zog auf dieser Bahn
zur Heimat droben mir voran.
 

Du hast das Lied wohl auch gehört,
das sie mich früher hat gelehrt.
Mein Leben ist ein Pilgerstand
ich reise nach dem Vaterland,
wo Gott mir eine feste Stadt
auf Bundesblut bereitet hat.
 

Und als ich heut ganz allein zu Hause war
da fiel mir ein, was Mutter sterbend zu mir sprach:
„Mein Liebling, komme mir bald nach.“
Da machte ich mich schnell bereit und lief hinaus.
Nach kurzer Zeit kam diese Bahn
und hielt auch still als ob sie auf mich warten will.
Als ich sie sah, da ward´s mir klar,
dass die der Zug zum Himmel ist,
und du der Himmelskutscher bist.“
 

Der Schaffner schüttelte das Haupt
was solch ein Kind doch von ihm glaubt
und doch hält er das kleine Ding
und sein Geplauder nicht gering.
Ihm drang mit unterdrücktem Schmerz
ein jedes Wort gar tief ins Herz.
Er beugt sich nieder und sagt halblaut:
„Wie du, mein Kind, so lieb und traut,
so frisch und froh, so rund und rot,
war auch mein Kind, nun ist es tot.
 

Im Himmel ist´s fiel sie ins Wort.
und lebt für ihren Heiland dort.
Es wartet dort gewiss auf dich,
wie meine Mutter auch auf mich.
 

Der Schaffner unterdrückt mit Mühe nur
die Tränenflut, die in den Augen ruht
ihn ruft die Pflicht, er fügt sich drein,
die Freundin schlummert drüber ein
und war daheim als sie erwacht
dahin der Schaffner sie gebracht.
Dort hört er mehr vom Gnadenzug,
der auch sein Kind nach oben trug.
 

Und war als er das Haus verließ
ein Wanderer zum Paradies,
ein Pilger nach der oberen Stadt
die Jesus uns bereitet hat.

letzte Änderung
26 Dezember, 2014 

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